Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen: Was wichtig ist.

Berlin, 27.03.2024 | Lesezeit: 2 Min.

Hospitalisierung. Verschlechterung der Symptome. Beeinträchtigung des täglichen Lebens. Eine Rehabilitation kann für Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen aus verschiedenen Gründen eine wichtige Maßnahme für den weiteren Krankheitsverlauf werden, denn sie kann diesen deutlich beeinflussen.1,2 Ziel der Rehabilitation ist es, die Lebensqualität zu verbessern, um Ihren Patienten*innen wieder ein weitestgehend normales Leben zu ermöglichen.3 Doch wann genau ist eine Rehabilitation notwendig?

In nationalen und internationalen Leitlinien wird die pneumologische Rehabilitation für unterschiedliche Indikationen empfohlen.4 Am besten belegt ist die Wirkung bei COPD, doch auch bei weiteren Erkrankungen, wie dem Asthma, steigt die Evidenz.4 Sowohl die Nationale VersorgungsLeitline (NVL) COPD als auch die NVL Asthma besagen, dass eine pneumologische Rehabilitation angeboten werden soll, „wenn trotz adäquater ambulanter ärztlicher Betreuung beeinträchtigende körperliche, soziale oder psychologische Krankheitsfolgen bestehen, die die Möglichkeiten von normalen Aktivitäten bzw. der Teilnahme am beruflichen und privaten Leben hindern.“1,2

Wann sollte man an eine Rehabilitation denken?

Wann genau sollten Sie bei Ihren Patienten*innen mit COPD und Asthma eine Rehabilitation in Erwägung ziehen?

  • Die*der Patient*in musste aufgrund einer Verschlechterung (Exazerbation) ins Krankenhaus oder leidet wiederholt an Verschlechterungen.1
  • Die*der Patient*in leidet an zunehmender Atemnot.2
  • Die*der Patient*in klagt über Einschränkungen im täglichen Leben und/oder die Erwerbsfähigkeit des*der Patient*in ist gefährdet.1,2
  • Die Gebrechlichkeit des*der Patient*in nimmt zu und es droht Pflege- und Hilfsbedürftigkeit.1,2
  • Das Selbstmanagement des*der Patient*in sollte gefördert werden.

 

Warum eine Rehabilitation wichtig ist

Die pneumologische Rehabilitation basiert auf einem individuellen Therapieprogramm, das aus körperlichem Training, Patientenschulungen und Verhaltenstraining bestehen sollte. Dadurch soll nicht nur der physische, sondern auch der psychische Zustand verbessert werden.4 Eine wichtige Voraussetzung für den langfristigen Rehabilitationserfolg ist dabei die Steigerung der Eigenkompetenz, damit das Gelernte im Alltag umgesetzt wird.4 Die NVL COPD und Asthma sprechen aus mehreren Gründen eine starke Empfehlung für rehabilitative Maßnahmen aus, da verschiedene Studien die prinzipielle Wirksamkeit aufzeigen.1,2 

 

Allgemeiner Gesundheitszustand

Die pulmonale Rehabilitation bei COPD kann Dyspnoe und Müdigkeit verbessern. Den Betroffenen wird ein besseres Gefühl der Kontrolle über ihre Erkrankung vermittelt, wodurch auch die Selbstständigkeit und das Selbstmanagement gefördert werden.4 Zusätzlich kann, unabhängig vom Schweregrad der COPD, eine positive Veränderung der Leistungsfähigkeit, der körperlichen Belastbarkeit und der Lebensqualität erreicht werden.4

 

Exazerbationen und Hospitalisierung

Bei COPD-Patienten*innen kann eine Rehabilitation besonders nach einem Krankenhausaufenthalt aufgrund einer schweren Exazerbation wichtig sein. Dabei sollte die Maßnahme innerhalb weniger Wochen verordnet und begonnen werden, da eine Rehabilitation innerhalb von vier Wochen nach der Krankenhausentlassung das Risiko einer Rehospitalisierung reduzieren kann.5 Zudem konnte gezeigt werden, dass nicht nur die Hospitalisierungsrate durch eine Rehabilitation gesenkt wurde, sondern auch das 1-Jahres-Mortalitätsrisiko, wenn eine Rehabilitation innerhalb von 90 Tagen nach Hospitalisierung begonnen wurde.6

 

Psychische Begleiterkrankungen

Ängste und Depressionen können bei chronischen Atemwegserkrankungen wichtige Begleiterkrankungen sein. Auch diese können pneumologische Rehabilitationsprogramme bei Menschen mit COPD reduzieren.7

 

Gebrechlichkeit

Gerade COPD-Patienten*innen sind in besonderem Maße von Gebrechlichkeit bedroht und betroffen. Im Vergleich zu lungengesunden Altersgenossen ist der Anteil gebrechlicher Menschen unter COPD-Patienten*innen dreifach erhöht – wobei die Rate Betroffener mit dem Schwerestadium der COPD zunimmt.8 Eine belgische Studie zeigte zudem, dass die Gebrechlichkeit – noch vor Begleiterkrankungen, Lungenfunktion und Packungsjahren – einer der wichtigsten Prädiktoren für eine frühere Sterblichkeit ist und das Mortalitätsrisiko auf ein Vierfaches anhebt.9 Eine Rehabilitation für gebrechliche COPD-Patienten*innen könnte dem jedoch entgegenwirken: Daten aus England zeigten, dass Erschöpfung, Gehgeschwindigkeit sowie das Aktivitätslevel, aber auch Parameter wie Dyspnoe oder CAT- und MRC-Score durch eine Rehabilitation positiv beeinflusst werden können.10

 

Rehabilitation bei Asthma

Auch für die pneumologische Rehabilitation von Menschen mit Asthma konnten bereits Daten gesammelt werden, deren Ergebnisse von den Autoren*innen als klinisch relevant bewertet wurden: Die sogenannte EPRA-Studie zeigte, dass 12 Monate nach Ende der Rehabilitation über alle Studienteilnehmer*innen hinweg der ACT-Wert um 3,54 Punkte verbessert wurde.11

Obwohl eine pneumologische Rehabilitation verschiedene Aspekte des Krankheitsverlaufs positiv beeinflussen kann und in Deutschland ein Rechtsanspruch besteht,4 scheint es eine Lücke zwischen der Theorie und der Versorgungsrealität zu geben. Verschiedene Studien zeigen, dass nur bis zu 10 % der COPD-Patienten*innen nach einer Hospitalisierung aufgrund einer Exazerbation innerhalb 90 Tage nach Entlassung eine pneumologische Reha erhalten und antreten.12,13 Allerdings sollte bei chronischen Atemwegserkrankungen häufiger an die Möglichkeit und Verordnung einer pneumologischen Rehabilitation gedacht werden.4

 

Was gibt es zu beachten?

In Deutschland ist der Anspruch auf Rehabilitation im Sozialgesetzbuch (SGB) IX festgelegt und kann grundsätzlich alle vier Jahre bei gegebener Indikation beantragt werden.4 Dafür muss bei den Patienten*innen eine Reha-Bedürftigkeit, Reha-Fähigkeit und eine günstige Reha-Prognose vorliegen. Bei der Beantragung einer Rehabilitation sollte darauf geachtet werden, dass auch mögliche Komorbiditäten berücksichtigt werden und das Rehabilitationsziel alltagstauglich und für den Zeitraum der Reha realistisch ist.4

Quellen:

  1. BAK, KBV, AWMF. Nationale VersorgungsLeitlinie COPD – Teilpublikation der Langfassung, 2. Aufl. Version 1 2021
  2. BAK, KBV, AWMF. Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma – Langfassung, 4. Auflage. Version 1. 2020
  3. www.lungeninformationsdienst.de/leben-mit-der-krankheit/rehabilitation-bei-lungenerkrankungen (letzter Zugriff:09.02.2024)
  4. Leitl D. & Glöckl R., Pneumologe 2022; 19: 130–141
  5. Ryrsø CK. et al., BMC Pulm Med. 2018; 18: 154
  6. Lindenauer PK. et al., 2020; 020;323(18):1813–1823
  7. Coventry PA. & Hind D., Journal of Psychosomatic Research 2007; 63 551–565
  8. www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/copd-individualisierte-reha-gegen-lebensbedrohliche-gebrechlichkeit (letzter Zugriff: 09.02.2024)
  9. Ikram AM. et al., Eur J Epidemiol. 2017; 32(9): 807–850
  10. Maddocks M. et al., Thorax 2016 Nov;71(11):988-995
  11. Schultz K. et al., Dtsch Arztebl Int 2020; 117
  12. Jones SE. et al., Thorax. 2014;69: 181–2
  13. Guecamburu M. et al., Respiratory Research 2023; 24: 102

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