Künstliche Intelligenz – welche Chancen bietet sie für die Medizin?
Berlin, 25.10.2023 | Lesezeit: 2 Min.
Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren die Medien fest im Griff – und viele Emotionen geweckt. Bereits seit der Erfindung der ersten Computer Mitte des letzten Jahrhunderts hat sich KI als Forschungsfeld etabliert, mittlerweile auch in der Medizin.1 Die Fähigkeiten von KI-Anwendungen entwickeln sich dank stark gestiegener Rechenleistung und Verfügbarkeit großer Datensätze derzeit rasant weiter.2 Auch wenn es noch einige Hürden zu überwinden gilt, wird diese Technologie die nahe Zukunft sicherlich prägen. Doch wie „denkt“ eine KI eigentlich?
Technologie lernt von der Natur
Hinter modernen KI-Anwendungen stecken meist sogenannte künstliche neuronale Netze, also Algorithmen, die versuchen die Funktionsweise des menschlichen Gehirns nachzuempfinden.2 Dabei werden Informationseinheiten, ganz ähnlich wie bei Nervenzellen im Gehirn, in Knoten gespeichert. Diese sind in mehreren Schichten, sog. Layern, angeordnet und können verschiedene Signale empfangen, verarbeiten und an andere Neuronen weiterleiten. Mehrere dieser „Layer“ bilden das Netzwerk, das über gewichtete Verbindungen zusammenhängt. Je mehr dieser Layer es gibt, desto komplexere Aufgaben kann das Netzwerk erfüllen.2 Doch zunächst muss das Netzwerk lernen, seine Aufgabe bestmöglich auszuführen.
Dazu erhält es auf der Eingabeseite („Input-Layer“) Informationen, die es dann auf der Ausgabeseite „Output-Layer“ in verarbeiteter Form bereitstellt. Die Gewichtung der Verbindungen zwischen den Neuronen wird dabei mittels verschiedener Strategien je nach Anwendung schrittweise angepasst. Ziel ist beispielsweise, vorgegebene Ergebnisse möglichst genau abzubilden oder Muster in den Daten zu identifizieren.2 Die KI-Anwendung wird in zwei Phasen entwickelt. Mittels eines sog. Trainingsdatensatzes wird sie mit den Daten vertraut gemacht und dann mittels eines Testdatensatzes validiert bzw. optimiert. Moderne Algorithmen sind sogar in der Lage fortlaufend von neuen Daten zu lernen, die in der Trainingsphase nicht verwendet wurden. Die Qualität einer KI-Anwendung ist also maßgeblich von der Qualität, Menge und Repräsentativität der Trainingsdaten abhängig.2
KI-Unterstützung bei der Arbeit
Auch wenn die meisten wohl bei künstlicher Intelligenz in erster Linie an ChatGPT und Co. denken, gibt es darüber hinaus zahlreiche weitere Anwendungsmöglichkeiten. Auch in der Medizin bietet KI-Potential, Ärzte*innen bei der Versorgung Ihrer Patienten*innen zu unterstützen. Sprach- und Textverarbeitungs-Anwendungen könnten beispielsweise dazu genutzt werden, die Dokumentation zu erleichtern und Patienten*innendaten übersichtlich darzustellen oder einfach zu durchsuchen.3 Bei der Diagnose können Bildanalyse-Programme und Anwendungen zur Analyse von Labor- und instrumentellen Parametern, z. B. EKG oder Spirometrie, helfen.2,4 Große Datenmengen können dabei in kurzer Zeit gescreent und Anomalien mit großer Zuverlässigkeit detektiert und klassifiziert werden.5 Auch bei der Wahl der optimalen Therapie kann KI nützlich sein. Entscheidungsfindungsalgorithmen haben dabei alle relevanten Daten „im Kopf“ und können so z. B. anhand von Leitlinien und zusätzlichen relevanten Daten die erfolgversprechendste Therapie auswählen.5 Diese Anwendungen können Ärzten*innen helfen, zeitaufwändige Tätigkeiten zu beschleunigen, bei der wachsenden Menge von Daten den Überblick zu behalten und fundierte Entscheidungen zu treffen.
KI – Voraussetzung für personalisierte Medizin?
Das Verständnis einer optimalen Versorgung entwickelt sich immer mehr hin zur personalisierten Medizin. Das erfordert immer mehr und detailliertere medizinische Daten. Auch hier kommt KI ins Spiel. So können zum einen in der Forschung unterschiedliche Phänotypen von Erkrankungen identifiziert werden und schneller neue Medikamente entwickelt werden, das kommt gerade auch heterogenen Erkrankungen, wie COPD, oder seltenen Erkrankungen zugute.4 Zum anderen können auf individueller Ebene durch Genom- und Patientenhistorienanalysen individuelle Risiken und Prognosen berechnet werden.5 Außerdem können KI-Anwendungen helfen, Daten von smarten Sensoren und Wearables zu nutzen, um Risiken und Therapieerfolge von Patienten*innen besser zu überwachen und wenn notwendig automatisch auf Verschlechterungen aufmerksam zu machen oder an die Medikamenteneinnahme zu erinnern.2,3 Auch wenn die meisten medizinischen KI-Anwendungen sich aktuell noch in einem eher experimentellen Stadium befinden, darf man aufgrund der rasanten Weiterentwicklung wohl davon ausgehen, dass KI-Anwendungen in naher Zukunft Einzug in den ärztlichen Alltag halten werden.
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Können Sie sich vorstellen, KI-Anwendungen in der täglichen Praxis zu nutzen?
Quellen:
- Luscher TF, Wenzl FA Eur Heart J, 2023: ehad576
- Kufel J, et al. Diagnostics, 2023; 13(15): 2582
- Gandhi TK, et al. JAMIA Open, 2023; 6(3): ooad079
- Kaplan A, et al. J Allergy Clin Immunol Pract, 2021; 9(6): 2255-2261
- Angelini E, et al. Eur Respir J, 2019; 54(6): 1901216
- Maschinelles Lernen - Was ist das? | nativDigital (Stand: 17.10.2023)
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