eRezept – Das Warten lohnt sich?!

Berlin, 15.12.2022 | Lesezeit: 3 Min.

Die Einführung bzw. die Nichteinführung des eRezepts ist ein hochemotionales Thema geworden. Für viele ist es das Paradebeispiel für den schleppenden Ausbau der Telematikinfrastruktur und das digitale Rezept scheint für Praxis, Apotheke oder vielleicht sogar Patient*in mehr Ärger als Glücksgefühl auszulösen. Doch wird das der Sache selbst gerecht? Denn das eRezept spart nicht nur Papier, sondern ermöglicht u. a. eine lückenlose Dokumentation der verordneten Medikamente, effizientere Praxisabläufe und eine Verordnung von Folgerezepten per Klick. Aktuell verzögerten Datenschutz, fehlende Technik bzw. mangelnde Updates, aber auch Chipmangel die flächendeckende (problemlose) Einführung des eRezepts. Das heißt wohl erstmal weiter Tokens ausdrucken und für Mitte 2023 die Daumen drücken.

Das bundesweite eRezept soll nun Mitte des Jahres 2023 flächendeckend verpflichtend eingeführt werden.1 Der Rollout konnte nicht wie geplant realisiert werden – aktuell zogen die Testregionen Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe ihre Teilnahme zurück.2,3 „Hier prallten Praktikabilität und die Anforderungen des Datenschutzes aufeinander“, erklärt Prof. Frederik Trinkmann, Oberarzt an der Thoraxklinik Heidelberg, „doch auf freiwilliger Basis und unter bestimmten Voraussetzungen, kann das eRezept weiterhin genutzt werden.“ Dies gilt für apothekenpflichtige Arzneimittel nach Muster 16, die die gesetzliche Krankenversicherung bezahlt.4 Aber auch die privaten Krankenversicherungen möchten das eRezept für ihre Versicherungsnehmer 2023 einführen.5

Die Technik muss stehen

Um die eRezepte in der Praxis ausstellen zu können, müssen technische Voraussetzungen erfüllt sein. Der elektronische Heilberufsausweis (eHBA) ist Bedingung für die rechtsverbindliche elektronische Signierung von Rezepten.6 Für die Übermittlung der Daten muss ein Anschluss an die Telematikinfrastruktur vorliegen. Die Ausstellung des Rezepts erfolgt dann über die Praxissoftware. Das Rezept erhält der*die Patient*in entweder als Ausdruck auf Papier mit einem Code – einem sogenannten Token – oder es wird auf die App „Das E-Rezept“ der gematik übermittelt.6 Bisherige Analysen zeigten, dass die App nur einen verschwindend geringen Anteil der eingelösten Rezepte ausmacht.2 „So ist die Kritik, dass aktuell das eRezept gar nicht so digital ist, wie man annehmen könnte, eigentlich berechtigt“, so der Pneumologe und Digitalexperte.

eRezept-App – gematik kündigt Vereinfachung an

Für die Nutzung der App wird neben einem mit NFC-fähigen Smartphone (NFC=Near Field Communication), zusätzlich eine mit NFC ausgestattete Gesundheitskarte (eGK) sowie zusätzlicher PIN von der Krankenkasse vorliegen.7,8 Die eGK konnte aufgrund der anhaltenden Knappheit auf dem Chip-Markt noch nicht flächendeckend an die Versicherten versendet werden.9 Alternativ zur Registrierung über die NFC-Verbindung ist die Anmeldung über die Apps der Krankenkassen möglich.8 Um die Nutzungszahlen der App zu erhöhen, hat die gematik nun angekündigt, dass diese bald auch ohne Anmeldung nutzbar sein soll.10 Geplant ist, dass gesetzlich Versicherte mit der neuen Funktion den eRezept-Code mit dem Smartphone in der E-Rezept-App einscannen, den Code auf dem Smartphone in der einzulösen Apotheke vorzeigen und das Rezept einlösen. Auch eine vorab Reservierung und Lieferung wird so möglich sein.10

Statement von Prof. Trinkmann zum eRezept:
„Arztpraxen sind täglich mit Neuigkeiten und Problemen rund um TI-Komponenten, Updates und Sonderregelungen konfrontiert und nun auch noch die Probleme rund ums eRezept. Verständlich, dass da auch Digitalisierungs-Frust aufkommt. Doch man sollte nie die Vorteile, die die eRezepte letztendlich für den Praxisablauf bedeuten können, aus dem Blick verlieren und nach dem holprigen Start auf eine schnelle Lösung hoffen, die für alle Beteiligten sinnvoll ist.“

Dranbleiben lohnt sich

Aller Anfang ist schwer, aber die Vorteile des eRezepts sollen die Einstiegsschwierigkeiten in Zukunft aufwiegen. Praxisabläufe sollen effizienter werden: ein paar Klicks und das Rezept ist digital auf dem Weg zum*zur Patient*in. Zettel müssen nicht mehr händisch unterschrieben werden und können auch nicht auf dem Weg zur Apotheke verloren gehen und ein Folgerezept kann innerhalb des Quartals elektronisch übermittelt werden, ohne dass ein erneuter Besuch in der Praxis erforderlich ist. Gemeinsam mit dem Medikamentenplan in der elektronischen Patientenakte kann auf einen Blick eingesehen werden, welche Medikamente sonst noch verordnet wurden. Auch die Telemedizin wird durch das eRezept einfacher, denn es kann im Anschluss an die Videosprechstunde bequem übermittelt werden. Das erspart den Patienten*innen Wege und die Apotheken müssen die händisch ausgefüllten Rezepte nicht mühsam abtippen. So werden Fehler vermieden und es bleibt mehr Zeit für die Aufklärung und Beratung.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass noch einige Hürden auf dem Weg zu einer unkomplizierten digitalen medizinischen Versorgung genommen werden müssen. Aber es lohnt sich, sich diesen Herausforderungen zu stellen, um die Versorgung langfristig zu verbessern.

Weiterführende Informationen

Die E-Rezept-App ist ganz schön kompliziert? Ein Video zur Erklärung für Ihre Patienten*innen finden Sie hier. Die Einrichtung mithilfe der Krankenkassen-App finden Sie hier erklärt.


Quellen:

  1. Stellungnahme: E-Rezept | eGK-Lösung kommt Mitte 2023 | gematik, Stand: 29.11.2022
  2. www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/e-rezept/e-rezept-stopp-die-hintergruende, Stand: 29.11.2022
  3. KVWL sieht sich gezwungen, E-Rezept-Rollout auszusetzen | KVWL, Stand: 29.11.2022
  4. gematik_eRezept_Uebersicht_fuer_Praxen_RGB_RZ_oa Kopie, Stand: 29.11.2022
  5. Gibt es das E-Rezept auch für Privatversicherte? | PKV-Serviceportal (privat-patienten.de)
  6. gematik_Anleitung_e_Rezept_Praxispersonal_V03.pdf, Stand: 29.11.2022
  7. Das E-Rezept startet! - Bundesgesundheitsministerium, Stand: 29.11.2022
  8. gematik_KurzErklaert_E_Rezept_Fasttrack_02_YF, Stand: 29.11.2022
  9. Elektronische Rezepte: wichtige Fragen und Antworten zu E-Rezepten | Verbraucherzentrale.de, Stand: 29.11.2022
  10. Aktuelles | Gesellschafter beschließen einfacheres Einlösen von E-Rezepten | gematik, Stand: 29.11.2022

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