Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen – das ändert sich
Berlin, 24.09.2025 | Lesezeit: 2 Min.
Am 1. Oktober ist Stichtag: die Entbudgetierung für Hausärzte*innen startet. Rechtliche Grundlage ist das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG), das Anfang 2025 beschlossen wurde.1 Ziel der Reform ist es, die ambulante Versorgung zu verbessern und Hausarztpraxen sowohl finanziell alsauch strukturell zu entlasten.1 Nach Schätzungen könnte das 300 bis 500 Millionen Euro zusätzliches Geld für Hausärzte*innen bedeuten.2 Ob dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, wird sich zeigen.
Mit dem GVSG wird eine zentrale Forderung der hausärztlichen Versorgung umgesetzt und alle Leistungen des EBM-Kapitels 3 sowie hausärztliche Hausbesuche (GOP 01410–01413, 01415) vollständig extrabudgetär vergütet, was bedeutet, dass Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung künftig von mengenbegrenzenden und honorarmindernden Vorgaben ausgenommen werden.1 Nach Angaben des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes betrifft dies rund 90 Prozent aller hausärztlich abgerechneten Leistungen. Regionale Sonderregelungen sollen bestehen bleiben.2
Die restlichen Leistungen bleiben Bestandteil der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV). Um die entbudgetierten Leistungen zu finanzieren, wird es künftig einen neuen gesonderten Honorartopf innerhalb der MGV für Hausärzte*innen, die sogenannte Hausarzt-MGV, geben.3,4 Voraussetzung: die Leistungen müssen im jeweiligen KV-Bezirk im Jahr 2023 zur morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) gehört haben.5 Reichen die Mittel nicht aus, sind die Krankenkassen verpflichtet, Ausgleichszahlungen zu leisten; Überzahlungen werden verrechnet.3,4
Was ist neu ab Q4/2025?
Laut Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 10. Juni 2025 gelten folgende Regelungen:5
- Vollständig extrabudgetär: alle Leistungen des EBM-Kapitels 3 sowie GOP 01410 bis 01413, 01415 (außer durch Kinder- und Jugendärzte), sofern sie 2023 zur MGV zählten.
- Nicht betroffen: Leistungen die bereits extrabudgetär waren, wie besiepielsweise Terminvermittlungszuschläge (GOP 03008, 03011–03015), Medikationsplan (03222), Telemonitoring (03325, 03326) und Echtzeit-Glukosemessung (03355).
- Vergütung: ohne Mengenbegrenzung zum regionalen Euro-Gebührenordnungspreis, inklusive Verrechnung von Über- und Unterzahlungen.
- Nicht entbudgetiert: Psychosomatische Leistungen (GOP 35100, 35110) und Ultraschalluntersuchungen. Eine Entscheidung über deren künftige Vergütung steht noch aus.
Versorgungspauschale bei wenig Betreuungsbedarf
Im Zuge der Reform werden auch zwei neue Pauschalen eingeführt.6 Die Versorgungspauschale deckt die Behandlung von Patienten*innen mit chronischen Erkrankungen ab, die dauerhaft mit bestimmten Arzneimitteln versorgt werden, aber keinen intensiven Betreuungsbedarf haben.6 Sie ersetzt und vereint Teile der GOP 03000 und 03220.6 Damit kann über die Pauschale zukünftig auch die Versorgung weiterer erwachsener Patientengruppen wie z. B. Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen, Allergien abgerechnet werden.6
Die neue Vorhaltepauschale
Die neu geregelte Vorhaltepauschale wird zum 1. Januar 2026 eingeführt. Für die hausärztliche Praxen bedeutet das, dass die grundlegende Systematik der Zusatzpauschale für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags (GOP 03040) erhalten bleibt.7 Allerdings sinkt der Bewertungswert der Vorhaltepauschale ohne Zuschlag von 138 auf 128 Punkte.7 Weitere Leistungen sind an die Erfüllung von Kriterien geknüpft.7 Bei Erfüllung von zwei bis sieben Kriterien greift die Vorhaltepauschale plus Zuschlag I (128 plus 10 Punkte), werden acht oder mehr Kriterien erfüllt die Vorhaltepauschale plus Zuschlag II (128 plus 30 Punkte).7 Die Vergütung erfolgt ohne Budget in voller Höhe.7
Zu den Kriterien zählen u. a.
- Durchführung von Schutzimpfungen
- regelmäßige Haus- und Pflegeheimbesuche
- bedarfsgerechte Praxisöffnungszeiten
- eine Mindestanzahl betreuter Versicherter
- sowie die Nutzung von Telematikinfrastruktur
Harte Einbußen gibt es für Praxen, die weniger als 10 Schutzimpfungen pro Quartal durchführen.7 Diese erhalten einen Abschlag von 40 % auf die Vorhaltepauschale.7 Die neue Regelung trifft u. a. nicht auf diabetologische Schwerpunktpraxen, HIV-Schwerpunktpraxen und Substitutionspraxen zu, diese haben allgemein eine Sonderstellung in der Abwicklung der neuen Pauschale.7
Das heißt für Ihre Praxis:
- Rund 90 % der hausärztlichen Leistungen werden ab Oktober vollständig extrabudgetär vergütet.
- Zwei neue Pauschalen (Versorgungs- und Vorhaltepauschale) ersetzen bisherige GOPs – mit neuen Abrechnungsvoraussetzungen.
- Für die Vorhaltepauschale plus Zuschlag I und II müssen definierte Strukturkriterien erfüllt sein.
- Finanzielle Planungssicherheit steigt, aber Umsetzung und Details entscheiden über den tatsächlichen Nutzen.
Mit dem GVSG wird ein tiefgreifender Umbau der hausärztlichen Vergütung eingeleitet. Die Entbudgetierung ist ein Meilenstein, aber kein Selbstläufer. Entscheidend für den Erfolg sind die konkrete Ausgestaltung der Pauschalen und deren Umsetzung in den Praxen.
Stellungnahme des Hausärzteverbandes: "Rettung in höchster Not"
Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband begrüßt die Reform ausdrücklich. Viele Praxen, besonders in Regionen mit hoher Budgetbelastung, könnten nun deutlich entlastet werden. Der Verband sieht seinen langjährigen Einsatz bestätigt und fordert gleichzeitig gesetzliche Nachbesserungen bei der Finanzierung von Sicherstellungsmaßnahmen, um Ausweichstrategien durch die Krankenkassen zu verhindern.8
Weiterführende Informationen
Der Bewertungsausschuss hat empfohlen, ab dem kommenden Jahr, mehrere Leistungen aus sieben Bereichen nicht mehr extrabudgetär zu vergüten. Hier mehr erfahren.
Lesen Sie gerne Gesetzestexte? Hier finden Sie den gesamten EBA-Beschluss (gültig ab 01.06.2025).
Mehr Details zur Vorhaltepauschale finden Sie hier.
Quellen:
- „Bundestag stimmt für Wegfall der Honorarbudgets für Hausärzte“; www.bundestag.de (letzter Zugriff 06.08.2025)
- Jana Sauer: „Entbudgetierung: 9 Fragen aus der Praxis“; Hausärztliche Praxis 03/2025
- „Diese Hausarztleitlinien werden ab Oktober entbudgetiert – Eckpunkte zur neuen Vorhaltepauschale vereinbart“; www.kbv.de (letzter Zugriff 06.08.2025)
- Heiko Fekete: „Diese hausärztlichen Leistungen werden entbudgetiert“ arztundwirtschaft.de (letzter Zugriff 06.08.2025)
- „Hausärztliche Leistungen ab Q4/2025: Diese GOPs sind künftig voll extrabudgetär“; - www.hct-steuerberater.de (letzter Zugriff 06.08.2025)
- Dr. Gerd Zimmermann: „Über die Wirkung der Entbudgetierung entscheiden zwei neue Pauschalen“ www.medical-tribune.de (letzter Zugriff 06.08.2025)
- KBV: „Vorhaltepauschale für Hausärzte neu geregelt – KBV und GKV-Spitzenverband beschließen die Details“, www.kbv.de (letzter Zugriff 04.09.2025)
- „Pressestatement zur vom Erweiterten Bewertungsausschuss beschlossenen Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen“; www.haev.de (letzter Zugriff 06.08.2025)
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