COPD trifft nicht nur Raucher

Berlin, 24.05.2022

Tabakrauchen gilt als der stärkste Auslöser einer COPD – er ist aber nicht der einzige. Etwa 25–45 % der COPD-Erkrankten haben niemals geraucht.1 Das bedeutet: Es muss weitere Faktoren geben, die das COPD-Risiko erhöhen. Aber welche sind das?
Unter den zahlreichen Aspekten, die eine COPD beeinflussen, nehmen neben dem Tabakrauchen vermutlich auch risikobehaftete Umweltfaktoren, bestimmte Gene und eine abnormale Lungenentwicklung einen bedeutenden Platz ein.2,3

Risikofaktor Umwelt

Vor allem das Arbeitsumfeld spielt beim Thema Umweltfaktoren eine wichtige Rolle. So zeigen Untersuchungen, dass berufsbedingte Stäube, Chemikalien und Dämpfe bei 31 % der Nichtraucher*innen Ursache einer COPD sind.1 Das betrifft vor allem Menschen, die z. B. in der Landwirtschaft, im Untertagebau oder im Baugewerbe tätig sind.1 Darüber hinaus kann, besonders in Entwicklungsländern, Belastung durch den Rauch von Biobrennstoff eine COPD begünstigen.1 Doch auch in Deutschland darf die Rolle der Feinstaubbelastung nicht unterschätzt werden, was durch die höhere Anzahl der COPD-Erkrankten in Ballungszentren im Vergleich zu ländlichen Regionen ersichtlich wird. Ein Grund mehr, warum auch die Bundesärztekammer für den Klimaschutz einsteht und auf die Folgen des menschengemachten Klimawandels auch in der Gesundheitsversorgung hinweist, denn „Klimaschutz ist Gesundheitsschutz“.2

Grundlagen einer COPD werden früh gelegt

Die Erforschung der COPD-Pathogenese hat zwei relevante biologische Mechanismen identifiziert, die das Erkrankungsrisiko erhöhen: Die beschleunigte Abnahme der normalen Lungenfunktion mit dem steigenden Alter und/oder die Entwicklung einer abnormalen Lungenfunktion.3 Basierend auf dieser Erkenntnis wird deutlich, dass die Grundsteine für die spätere Entwicklung einer COPD bereits in frühen Lebensphasen, bspw. während der Schwangerschaft, der Geburt und in der Kindheit, gelegt werden.4 Einfluss können das Geburtsgewicht und Lungeninfektionen im Kindesalter nehmen.3 Aber auch genetische Prädispositionen, insbesondere der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, können zur Entstehung einer COPD führen.4 Deutschlandweit sind von dieser genetischen Veranlagung schätzungsweise 19.000 Menschen betroffen (Zeitraum der Erhebung: 2012-2013).5 Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie empfiehlt daher bei COPD-Patienten*innen mit früh einsetzender Erkrankung (< 45 Jahre) eine Untersuchung bezüglich eines hereditären Alpha-1-Protease-Inhibitor-Mangels.6

Entwicklung der Lunge im Laufe des Lebens

Bei gesunden Menschen erreicht die Lungenfunktion (FEV1) ihren Peak im Alter von etwa 20 Jahren und nimmt dann langsam wieder ab.3 Allerdings erreichen 4 bis 12 % der Bevölkerung den für die Altersgruppe normalen FEV1-Peak nicht. Viele dieser Personen haben später eine chronische Beeinträchtigung der Lungenfunktion.3 Die Lungenfunktion, die im Peak erreicht wurde, sowie die Geschwindigkeit, mit der diese abnimmt, können einen entscheidenden Einfluss auf eine spätere COPD-Diagnose haben. Ein weiterer Risikofaktor ist das fortschreitende Alter an sich: Prävalenzzahlen zeigen, dass in der jüngeren Gruppe (40 bis 44 Jahre) 1,4 % der Männer und 1,2 % der Frauen eine COPD aufweisen. Bei den Älteren (85 bis 89 Jahre) sind es bereits 14,3 % der Männer und 9,7 % der Frauen.7

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Pathogenese der COPD weitaus komplexer zu sein scheint als bislang gedacht. Es bleibt spannend, welche Erkenntnisse die Forschung in den nächsten Jahren hier noch hervorbringen wird.


Quellen:

  1. Salvi SS, Barnes PJ. Lancet 2009;374:733.
  2. www.bundesaerztekammer.de. 04.05.2022.
  3. Agusti A, Hogg JC. N Engl J Med 2019;381:1248.
  4. Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease. Global strategy for the diagnosis, management and prevention of chronic obstructive pulmonary disease
    (Update 2020).
  5. Greulich T et al. Eur Respir J 2017;49:1600154.
  6. Vogelmeier CF et al. Pneumologie 2018;72:253.
  7. Akmatov MK et al. Versorgungsatlas-Bericht Nr. 19/06, Berlin 2019.

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